Die EU-Sanierungspflicht für private Altbauten ist vom Tisch

/

EU-Sanierungspflicht Update | Bereits heute sind die sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Folgen durch den Klimawandel spürbar. Die EU-Länder haben sich deshalb mit dem Europäischen Klimagesetz verpflichtet, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen und die Klimagas-Emissionen bis 2030 gegenüber 1990 um mindestens 55% zu senken. Am 7. Dezember 2023 haben sich die Unterhändler des EU-Parlaments und der EU-Staaten auf einen Kompromiss bei den neuen Energievorgaben im Gebäudesektor geeinigt. Die EU-Gebäuderichtlinie sieht nun keine EU-Sanierungspflicht für Wohngebäuden mehr vor. Was bedeutet dies für Eigentümer von unsanierten Altbauten?

Warum der Gebäudesektor so wichtig für die Erreichung der Klimaziele ist

 
Quelle: Europäischer Rat

Der Gebäudesektor ist von entscheidender Bedeutung für die Verwirklichung der Energie- und Klimaziele der EU für 2030 und 2050. Denn auf ihn entfallen 40% des Endenergieverbrauchs und 36% der energiebezogenen Treibhausgasemissionen. Drei Viertel der bestehenden Gebäude in der EU werden aktuell als nicht energieeffizient eingestuft. Ein geringerer Energieverbrauch plus grüner Energie aus nachhaltigen, nicht-fossilen Quellen würde ein massives Einsparpotenzial von Treibhausgasen bewirken. Die Senkung des Energieverbrauchs ergibt sich unter anderem aus dem Zusammenspiel von innovativen Heizungstechnologien und der energetischen Sanierung von nicht-effizienten Gebäuden, also besonders von Bestandsbauten.

EU-Sanierungspflicht kommt nicht
Quelle: Europäischer Rat

Kompromiss ohne EU-Sanierungspflicht beendet lange kontroverse Diskussion

Die EU-Gebäuderichtlinie enthält eine Reihe von Vorschlägen des Europäischen Rats für Maßnahmen und Initiativen zur Erreichung der Klimaziele der EU. Der Europäische Rat ist bei der Entwicklung dieser Richtlinie „Mitgesetzgeber“ – nicht mehr, nicht weniger. Er muss sich im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens in Verhandlungen mit dem EU-Parlament und der Europäischen Kommission austauschen und den Weg für die Einigung zwischen den 27 Mitgliedsstaaten ebnen.

Das bedeutet: Die EU-Gebäuderichtlinie unterliegt einem Prozess der Kompromissfindung. Ursprünglich war von der EU-Kommission eine verpflichtende Sanierung für nicht-energieeffiziente Gebäude vorgesehen. Diese sollte sowohl für gewerbliche als auch private Immobilien gelten. Die EU-Kommission hatte  lange auf das Prinzip „Worst First“ („die energetisch schlechtesten Gebäude zuerst“) gepocht. Unsanierte Alt- und sonstige Bauten mit den schlechtesten Energieklassen (in Deutschland G und H) wären nach dem Willen der EU-Kommission zur Modernisierung „gezwungen“ worden – um bis 2033 mindestens die Energieeffizienzklasse D zu erreichen. Dieses geplante Vorgehen stieß allerdings auf starken Widerstand in den EU-Mitgliedsstaaten und sorgte für eine kontroverse Diskussion. Unter anderem auch in Deutschland fürchtete man soziale Verwerfungen aufgrund der hohen Kosten für Eigentümer. Mit einer endgültigen Einigung am Abend des 7. Dezember 2023 ist nun eine EU-Sanierungspflicht für private Hausbesitzer vom Tisch. Damit ist eine lange Kontroverse beendet.

Die neuen Energievorgaben im Gebäudesektor bleiben aber, auch ohne Sanierungszwang im privaten Sektor, weiter streng. Ab 2030 sollen alle neuen Gebäude und bis 2050 der gesamte Gebäudebestand klimaneutral sein. Das Erreichen der Vorgaben liegt in der Verantwortung der EU-Mitgliedstaaten.

Worauf sich Eigentümer nicht-sanierter Altbauten einstellen sollten

Aber auch wenn eine EU-Sanierungspflicht in der von der EU-Kommission beabsichtigten Form nicht Gesetz geworden ist, so werden mehr Vollsanierungen zur Erreichung der Klimaziele unabdingbar. Aktuell liegt die Vollsanierungsquote in Deutschland bei unter einem 1% pro Jahr. Für ein Gelingen der Energiewende wäre eine Steigerung auf 3% notwendig. In der EU wird – unter Berücksichtigung der unterschiedlichen nationalen Gegebenheiten – angesichts eines Anteils von 75% nicht-energieeffizienter Gebäude eine Verdoppelung der Sanierungsquote angestrebt.

Schon heute gilt in bestimmten Fällen für Bestandsgebäude per Gebäudeenergiegesetz (GEG) eine Sanierungspflicht. Wer beispielsweise ein Ein- oder Zweifamilienhaus kauft, erbt oder im Rahmen einer Schenkung erwirbt, muss einer Sanierungspflicht innerhalb von zwei Jahren nachkommen. Darüber hinaus ist es für Besitzer von nicht sanierten Gebäuden bzw. Altbauten schon jetzt ratsam, Sanierungsmaßnahmen nicht auf die lange Bank zu schieben. Hier ist eine kleine (nicht vollständige) Liste von Dingen, die für eine energetische Sanierung bedacht werden sollten:

  • Einen ersten Überblick über die eigene energetische Situation erhalten – etwa über unseren Heiz-Check
  • Das für Sie passende Förderprogramm mit Zuschüssen und günstigen Krediten finden und sich hier durch unabhängige Energie-Effizienz-Experten beraten lassen
  • Antrag auf Fördermittel rechtzeitig stellen, bevor Liefer-, Leistungs- und Kaufverträge unterschrieben sind (nur Planungs- und Beratungsleistungen dürfen vorher in Anspruch genommen werden)
  • Nicht zu spät kommen: Förderungen sind oft befristet und können auch gestoppt werden; gibt es einen „Run“ auf die Fördertöpfe, kann man auch leer ausgehen.
  • Schon vor der Sanierung die Energieeffizienz von Altbauten steigern (Energie sparen, bestehende Heizungen optimieren).

Dieser Artikel wurde aufgrund der Einigung der Unterhändler des EU-Parlaments und der EU-Staaten gegen eine EU-Sanierungspflicht für private Hauseigentümer am 7.12.2023 aktualisiert. Es ist aufgrund der im Green Deal beanspruchten Vorreiterrolle der EU wahrscheinlich, dass die Energieeffizienzstandards für Gebäude weiter verschärft werden. Hierzu gehören dann eine weitere Reduzierung des maximal erlaubten Energieverbrauchs sowie Anreize für den Einsatz erneuerbarer Energien zum Heizen. Wir werden Sie über das gesamte Thema und die aktuelle Fördersituation auf dem Laufenden halten. Bleiben Sie mit uns am Ball.